Das erste Börsen-Halbjahr nach dem Katastrophen-Pandemie-Jahr 2020 versprach ein Gutes zu werden. Nach der sensationellen Biontech-Meldung vom 09. November 2020, dass der von dem Unternehmen produzierte Impfstoff eine Wirksamkeit von über 90% aufweist, setzten die Aktienmärkte bereits Ende 2020 zur Jahresendrally an. Die Hoffnungen auf eine ungestörte Fortführung der Börsenhasse wurden zu Beginn des neuen Jahres 2021 jedoch auf eine harte Probe gestellt. Der Anfang November 2020 verhängte Lockdown musste nicht nur über Weihnachten und Silvester verlängert werden, er zog sich sogar noch bis in das zweite Quartal hinein. Zu frühe Öffnungsschritte Anfang März induzierten sogar noch eine dritte Welle, die Schlimmes befürchten ließ. Die Aktienmärkte blieben davon jedoch relativ unbeeindruckt. Nachdem in China und den USA die wirtschaftliche Erholung sehr viel früher einsetzte und sich verstetigte, verbesserten sich auch hierzulande sukzessive die Wirtschaftsindikatoren. Mit fortschreitender Impf-Kampagne schauten die Finanzmarktakteure zunehmend durch die schwelende Krise hindurch und setzten voll auf weitere Öffnungsschritte auch in den europäischen Volkswirtschaften. Und tatsächlich sanken zu Beginn des Sommers die Ansteckungsraten drastisch, sodass die Wege zur Normalität eingeschlagen werden konnten. Viele Aktienindizes erreichten neue Rekordstände und sorgen somit für eine hervorragende Halbjahresbilanz mit zweistelligen Prozentgewinnen vieler internationaler Indizes, sofern in den beiden letzten Börsensitzungen nichts Aufsehenerregendes passiert.
Selbst die Anlageklasse der Rohstoffe und Rohöl trug zu dieser positiven Bilanz bei, denn der weltweite Wirtschaftsaufschwung sorgte für eine rege Nachfrage nach diesen Gütern. Da die Rohstoff-Preise vor einem Jahr aufgrund des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie aber nicht nur im Keller, sondern sogar in der Tiefgarage waren, lebte eine Komponente wieder auf, die schon für dauerhaft besiegt erklärt wurde – die Inflation. Die immensen Basiseffekte sorgten für Inflationsraten, die sogar die Zentralbanken überraschten. Damit einher gingen sofort Renditeanstiege im langfristigen Zinsbereich, die allerdings während des zweiten Quartals zum Erliegen kamen. Ein wichtiger Grund dafür war, dass die US-Zentralbank Fed überzeugend die Meinung vertrat, dass dieses hohen Inflationsraten zum größten Teil auf Basiseffekte zu den niedrigen Preisen vor einem Jahr zurückgingen und eher vorübergehender Natur sein werden. Und schon war der kurzzeitige Druck auf die Aktienmärkte wie weggeblasen, sodass die Rekordstände nach wie vor Bestand haben.
Für das zweite Halbjahr 2021 wird nun entscheidend sein, ob sich die Inflationsraten zum Jahresende wieder ermäßigen. Aufgrund der vielfältigen Öffnungsschritte in den europäischen Volkswirtschaften werden die Wirtschaftsdaten im zweiten Halbjahr weiter überzeugend sein. Um eine immer wieder befürchtete Herbstkorrektur an den Aktienmärkten zu vermeiden, muss die Impfkampagne so erfolgreich sein, dass der größte Teil der Bevölkerung auch mit der weiten Covid-19-Impfung vor den Covid-19-Mutanten, insbesondere der hochansteckenden Delta-Variante geschützt wird. Wie Giftpilze schießen derzeit die Delta-Ausbrüche z.B. in Großbritannien, Portugal, Australien oder Russland aus dem Boden und versetzen die Börsen in Nervosität. Es gilt zu verhindern, dass sich dieses Geschehen im Herbst ungehindert auf Kontinental-Europa ausdehnt. Denn die jüngsten Wirtschaftsdaten belegten die gute Stimmung. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Befragung von ca. 9.000 Unternehmen widerspiegelt, stieg wesentlich stärker als erhofft auf den höchsten Stand seit November 2018 und die Umsätze der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland stiegen im Mai nicht nur um +1,60%, sie liegen nun sogar +8,6% über dem Vorkrisenniveau im Februar 2020. Auch der Arbeitsmarkt präsentiert sich in sehr guter Verfassung. Das Institut für Arbeitsmarkt– und Berufsforschung (IAB) berichtete, dass der von ihm berechnete Arbeitsmarktbarometer den höchsten Stand seit seiner Einführung im Jahr 2008 erreicht hat. Dazu passt, dass auch die Konsumlaune der Verbraucher steigt. Sowohl die Konjunktur- als auch Einkommenserwartungskomponente des Gfk-Konsumklimaindex zeigen steil nach oben. Das zweite Halbjahr dürfte also ebenfalls ein Gutes werden. Die Aktienmärkte haben jedoch schon einen Gutteil dieser positiven Entwicklung eingepreist. Weitere Kursavancen sind nur denkbar, wenn es keine allzu negativen Entwicklungen seitens der Inflations- und der Covid-19-Pandemie-Entwicklung gibt.