Es ist erstaunlich, dass es mit dem Staat Belarus und seinem ewigen Präsidenten Lukaschenko noch einen Staat gibt, der Wahlergebnisse nach altsowjetischer Manier produzieren lässt. Hat der türkische Präsident Erdogan seine Wahlbeeinflussungen noch so gestaltet, dass er seinen ewigen Präsidentenstatus „nur“ mit 51 % sichern ließ, machte sich Lukaschenko mit seinen 80 % eindeutig weniger Mühe. Nach der Abstimmung mit den Füßen und einer starken Wählermobilisierung durch die Opposition ist das Ergebnis so unwahrscheinlich, dass eine Akzeptanz schwerfällt, zumal Lukaschenko nichts anderes einfällt, als seine Lage mit abstrusen Unwahrheiten und Behauptungen schönzureden. Belarus ist zu klein, als dass die Demonstrationen und Unruhen direkt das Geschehen an den internationalen Finanzmärkten beeinflussen könnten. Aber es ist wieder ein zusätzlicher Mosaik-Stein im Autokraten-Puzzle, das die Welt beschäftigt. Zumal Russlands ewiger Präsident Putin schon wieder militärische Hilfe in Aussicht gestellt hat. Und der ewige Präsident Erdogan öffnet seine geldpolitische Trickkiste und lässt seine Zentralbank in Zeiten rekordschwacher Währung und zweistelliger Inflationsraten wider jeden ökonomischen Sachverstand die Zinsen senken, anstatt längst überfällige Zinsanhebungen zuzulassen. Ein schlechter Trick, der zukünftig Zweifel an der türkischen Zahlungsfähigkeit wachsen lassen könnte. Auch die verzweifelte Suche nach Mittelmeer-Bodenschätzen bis hin zur Provokation potentieller militärischer Auseinandersetzungen verschärft die Lage. Ein erneuter Währungscrash in der von ausländischem Kapital abhängigen Türkei könnte wie vor zwei Jahren auf andere Schwellenländer überschwappen und ansteckende Wirkung haben.
Immerhin scheint der 45. US-Präsident gemäß aktuellen Umfragen kein ewiger Präsident werden zu können, auch wenn schon Szenarien durchgespielt werden, mit denen er durch eine faktische Nichtanerkennung des Wahlergebnisses eine mögliche Hängepartie mittels einer Kampfabstimmung im Kongress über seine Wiederwahl erreichen könnte.
Wenn das seine republikanischen Parteigenossen unterstützen würden, wäre in den USA mit ebensolchen Demonstrationen und Unruhen zu rechnen wie im aus der Zeit gefallenen Weißrussland. Um diese Hängepartie und Nichtanerkennung zu ermöglichen, polemisiert der US-Präsident seit längerem gegen die Briefwahl (obwohl er die Unterlagen für sich selbst in Florida beantragt hat) und möchte verhindern, dass die US-Post mit ausreichend Mitteln ausgestattet wird, um den zu erwartenden Briefwahlansturm zu bewältigen. Zunächst hat auch dies kaum Auswirkungen auf die Aktienmärkte, dennoch ist allein schon die Vorstellung besorgniserregend, dass eine Nichtanerkennung eines für ihn ungünstig ausfallenden Wahlergebnisses für maximale Unsicherheit, auch wirtschaftlicher Art, sorgen könnte.
Aktuell spielt das keine Rolle – eine Branche zählt an den Aktienmärkten seit längerem zu den absoluten Outperformern – die Technologie. Allerdings nehmen die Bewertungen von Unternehmen wie Apple mit nahezu 2 Billionen USD (!) astronomische Dimensionen an, auch andere „moderne“ Unternehmen wie Tesla eilen von Kursrekord zu Kursrekord. Natürlich lassen sich viele Argumente finden, die die aktuellen Bewertungen rechtfertigen, wie z. B. starkes Wachstum oder historisch niedriges Zinsniveau, um die Meinung zu begründen, dass es „diesmal anders ist“. Aber auch dieses Mal wird die extreme Kurs-Hausse in diesem Segment ein Ende finden müssen. Es ist nur noch nicht klar, wann und woher das Ungemach kommt. Ein möglicher Auslöser könnte von politischer Seite kommen, denn die beständig wachsende Marktmacht der Tech-Riesen ist manchen Politikern ein Dorn im Auge. Insbesondere wenn durch die internationale Aufstellung eine angemessene Steuerzahlung weitgehend vermieden wird. Das polternde Vorgehen des 45. US-Präsidenten bildet die Blaupause für Auslöser von Kursrückgängen. Denn es steht nicht zu erwarten, dass China und sein ewiger Präsident Xi Jinping sich dieses Vorgehen gegen chinesische Technologieunternehmen auf Dauer werden bieten lassen. Ein Beispiel bahnt sich derzeit in Australien an, zur Abwechslung mal ein Land mit funktionierenden demokratischen Strukturen, wo ein geplantes Mediengesetz von Google & Co. verlangen könnte, für News-Beiträge, die auf deren Plattformen verwendet werden, zu bezahlen. Die großen Tech-Unternehmen haben an den internationalen Aktienindizes wie dem S&P 500 oder auch den asiatischen Indizes inzwischen so große Anteile, dass eine veritable Kursbereinigung diese Indizes empfindlich treffen würde. Auch wenn es schön ist, sich an Kursgewinnen erfreuen zu können, und man sich gerne an ein höheres Bewertungsniveau aufgrund des historisch niedrigen Zinsniveaus gewöhnen möchte – die Börse ist auch heutzutage keine Einbahn-Straße. In einer zukunftsorientierten Anlagestrategie müssen Themen wie z. B. Technologie, Medizintechnik oder Biotechnologie vertreten sein, aber immer in austarierten und moderaten Gewichtungen.
Und anfallende Gewinne kann man ruhig einmal realisieren, indem man dadurch entstandene Übergewichtungen im Rahmen eines „Rebalancing“ der Positionen abbaut. Dann lassen sich mögliche Kurskorrekturen relativ entspannt verfolgen. Und wenn die Kurse weiter steigen? Dann partizipiert man mit dem Kerninvestment und freut sich weiter an den exorbitanten Kursgewinnen.