Bei diesem Rennen ist schnell klar, wer wer ist. Der Igel kann nur das stachelförmige Covid-19-Virus sein, das sich zwar regelmäßig verändert, dessen Mutanten jedoch weiterhin wie der Gouda-Käsewürfel-Igel aussieht, der in den 50er-Jahren erfunden wurde, heute aber kaum mehr eine Rolle spielt. Und der Hase? Da kann man wahlweise die Impfkampagne gegen das Covid-19-Virus oder auch die hasenfüßigen Impfverweigerer vermuten, die sich in einem stetigen Wettrennen gegen das Covid-19-Virus befinden. Die Impfverweigerer werden dieses Rennen definitiv verlieren, da früher oder später eine Infektion droht. Bei der Impfkampagne besteht noch die Hoffnung, dass über Anreize oder Vorteile für geimpfte die Impfquote weiter erhöht werden kann. Für die Wirtschaft wäre dies sehr wichtig, denn ein Sieg über die Pandemie ist nicht nur in den Börsenkursen, sondern auch in vielen Stimmungsindikatoren eingepreist. Der PMI-Einkaufsmanagerindex für den Euroraum ist auf 60,6 Punkte (> 50 Punkte = Wachstum) und damit auf ein 21-Jahreshoch gestiegen. Die vielen Öffnungen in Europa haben im zweiten Quartal auch das Dienstleistungsgewerbe aus seinem pandemiebedingten Dornröschenschlaf erweckt. Ende der Woche werden die vorläufigen europäischen BIP-Zahlen für das zweite Quartal veröffentlicht, die mit geschätzten +1,6% Wachstum das Minus von -0,3% im ersten Quartal deutlich überkompensieren dürften.
Die steigenden Covid-19-Infektionszahlen mit der Delta-Variante werden derzeit von zurück-kehrenden Touristen verstärkt. Strengere Quarantäne-Regeln sollen dieses Problem begrenzen. Der Blick nach Großbritannien zeigt, was hohe Infektionszahlen bedeuten können. Ungeachtet der höheren Wahrscheinlichkeit, dass sich bei hohem Infektionsgeschehen noch gefährlichere Mutanten ausbilden können, behindern die hohen Quarantänezahlen Teile der UK-Wirtschaft. Dabei bleiben wegen Personalmangels nicht nur Supermarktregale leer, auch den öffentlichen Verkehrsbetrieben fehlt Personal, das sich aufgrund Kontakten mit Infizierten in Quarantäne befindet. Vielen deutschen Unternehmen scheint zu schwanen, dass die stetig steigenden Infektionszahlen im Herbst hierzulande zu ähnlichen Situationen führen könnten. Da ca. zwei Drittel aller Unternehmen über gravierende Probleme bei der Beschaffung von Zulieferprodukten (v.a. Halbleiter-Chips) und Rohstoffen klagen, verwundert es nicht, das der ifo-Geschäftsklimaindex zum ersten Mal seit Monaten nachgegeben hat. Da die Auftragseingänge nach wie vor auf sehr hohem Niveau sind, schmerzt es natürlich, dass diese nicht sofort bedient werden können und die Produktion behindert wird. Es zeigt andererseits auch, dass das Wachstum der Wirtschaft gut unterstützt ist, aber durch diese Kalamitäten leicht ausgebremst wird. Ein positiver Effekt daraus könnte sein, dass die Inflationsbefürchtungen etwas nachlassen
Die Nervosität wird in dem Maße steigen, in dem die Inzidenzen weiter wachsen. Da der einzige Ausweg aus der Pandemie in einer breit angelegten Impfquote zu bestehen scheint, solange es keine wirksamen Medikamente gibt, wird der Druck auf die Nicht-Impfwilligen steigen. Auch wenn diese wie die Hasen vor der Spritze flüchten, werden die kleinen Stachel der Regierungs-Igel immer schmerzhafter. Es wird Vorteile für Geimpfte geben. Nicht-Geimpfte werden ihre Impfbereitschaft schnell überdenken, wenn es zur z.B. Erfordernis wird, für Veranstaltungen, Restaurantbesuche oder sogar Einkaufen valide PCR-Tests, womöglich auf eigenen Kosten, vorzeigen zu müssen. Die Diskussionen um eine Impfpflicht wird , zumindest in bestimmten Berufsgruppen, wie sie in anderen Ländern bereits beschlossen wurden, an Fahrt aufnehmen.
Die Aktienmärkte werden mit Argusaugen auf die Entwicklung der Covid-19-Inzidenzen schauen. Märchenhafte Kursgewinne sind in den nächsten Wochen und Monaten kaum zu erwarten, da die Unsicherheiten in der Pandemieentwicklung und den Zulieferschwierigkeiten anhalten werden. Ende August wird es erste Anzeichen über die künftige Politik der US-Zentralbank Fed geben, wenn Jerome Powell seine mit Spannung erwartete Rede in Jackson Hole, dem internationalen Zentralbank-Treffen, halten wird. Solange der US-Arbeitsmarkt nicht zu alter Stärke zurückgekehrt sein wird, ist an ein allzu restriktive Geldpolitik kaum zu denken. Die Inflationsraten dürfen allerdings in den nächsten Monaten nicht noch mehr überschießen. Denn auch in den USA haben sich Stimmungsindikatoren jüngst etwas eingetrübt, allerdings ebenfalls auf hohem Niveau. Einzelne kleine Korrekturen sind daher durchaus möglich. Viele Investoren warten darauf.