Die Marktmeinung aus Stuttgart

Buntes Herbstlaub

Stuttgart, 03. November 2021 - von Michael Beck

Trotz aller schlechten Klimanachrichten hinsichtlich Rekordemissionen der schädlichen Klimagase CO2 und Methan, die nun den aktuellen Klimagipfel in Glasgow dominieren, gelingt es, bei Sonn- und Feiertagsspaziergängen den Herbst mit seiner bunten Blätter-Vielfalt zu genießen. Sobald man jedoch in den Nachrichten verfolgt, wie wenig die größten Emittenten der Klimagase an der Lösung des Problems interessiert sind, verfliegt das Wohlgefühl. Der chinesische Regierungschef Xi Ping und der russische Präsident Putin halten es nicht einmal für nötig, persönlich an der Glasgower Klimakonferenz teilzunehmen. Immerhin werden umfangreiche Lippenbekenntnisse abgegeben, an der CO2-Schraube drehen zu wollen. Eine erste Übereinkunft von 100 Ländern (darunter Brasilien, China und Kanada), ihre Waldbestände zu schützen, schürt Hoffnung, dass in Glasgow weitere entscheidende Weichenstellungen möglich sind. An den Kapitalmärkten ist die Orientierung hin zur ESG-Thematik (Environment, Social, Governance) schon weit vorangeschritten. Die EU wird in Kürze weitere Regulierungen und Regeln („Taxonomie“) auf den Weg bringen, die sowohl die Finanzinstitute als Vermögensverwalter, Kreditgeber oder Versicherer, aber auch die Fonds- und ETF-Szene mit ihren vielen Produktangeboten herausfordern wird. Ziel dieser Taxonomieregeln ist, das sogenannte „Greenwashing“ von Produkten zu verhindern.

Im Gegensatz zum bunt gefärbten Herbstlaub, sind die Performance-Reportings der meisten Kapitalanleger satt schwarz gefärbt. Und je größer der Anteil an „modernen“ Themen, wie Klimaschutz, Umwelt. Soziale Gerechtigkeit etc., eben an jenen ESG-Themen, die die nächsten Jahre der Kapitalanlage bestimmen werden, desto besser ist das Renditeergebnis, da sehr viel Anlagekapital in diese Themen geleitet wird. Aber die Aktienmärkte tragen auch in der Breite zu den aktuell guten Kapitalmarktergebnissen bei.

Dies verwundert etwas, da die zugrundeliegenden Wirtschaftsdaten sich rund um den Globus eintrüben. Sowohl in den USA als auch in China und Europa, den beiden größten Volkswirtschaften, bilden sich Frühindikatoren, wie Einkaufsmanagerindizes oder Verbrauchervertrauen zurück. Hauptgründe sind die allseits bekannten Material-Lieferengpässe und die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise, die das Sentiment aktuell belasten. Interessanterweise prallen diese Belastungsfaktoren an den Aktienmärkten derzeit nahezu vollständig ab. Jede noch so kleine Kurskorrektur wird nach wie vor genutzt, um brach liegende Anlagegelder in die Aktienmärkte zu bringen. Unterstützt wurden die Kursanstiege im Oktober durch die sehr gut ausgefallene Berichtssaison der Unternehmen, die mehrheitlich bessere Gewinne als erwartet zeigt. Nun dürften die Lieferengpässe, die steigenden, sehr hohen Inflationsraten und die hohen Energie- und Rohstoffpreise weiter Kursavancen an den Aktienmärkten beeinträchtigen. Da aber aufgrund mangelnder Anlagealternativen auch kaum jemand Aktien verkaufen möchte und viele Investoren noch auf Einstiegsmöglichkeiten warten, dürften die Aktienmärkte gut unterstützt bleiben und ihre Seitwärtstendenz bis zum Jahresende beibehalten. Saisonal ist sogar aufgrund der Hoffnung auf im nächsten Jahr nachlassende Inflationsraten, auf Besserungen in der Lieferketten-Problematik und erwarteten Nachholeffekten mit entsprechenden positiven Wirkungen auf das BIP-Wachstum eine kleine Rally zum Jahresende nicht ausgeschlossen.

Hinweise:

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